Another Blue, please.

Johanna Weber

www.johannaweber.works











Das neue Zeitalter der Menschen, das „Anthropozän“, wird anhand zahlreicher Eingriffe des Menschen in
die Natur sichtbar.





Vom Menschen unberührte Natur gibt es auf der Erde mit wenigen Ausnahmen seit Tausenden von Jahren nicht mehr. Schon immer hat der Mensch als kreatives Wesen die Welt um sich herum neu gestaltet.
Natur ist heute Interpretationssache. Vorallem in von Technologie geprägten Regionen wird Natur gerne als Sehnsuchtsort ohne Einflüsse des Menschen betrachtet.
Doch Natur ohne Kultur ist schon lange eine Illusion. Seitdem der Mensch Natur nach eigenen Vorstellungen kreiert, hat die kulturelle Evolution die biologische längst überholt. Die Grenzen zwischen Natur und Konstrukt verschwimmen zusehends, wodurch


mittlerweile eine Unterscheidung schwer fällt. Eine manipulierte Natur ist gegenwärtig Voraussetzung für die Existenz des Menschen. Solange dessen Interessen mit dem Erdsystem vereinbar sind, bringt die Weiterentwicklung der Umwelt auch großes Potenzial für Verbesserungen mit sich.
Die Arbeit „Another Blue, please.“ dokumentiert, wie Natur im Sinne der Menschheit neu entworfen wurde - kopiert, konstruiert oder gar optimiert.













In Zeiten des Klimawandels werden Skipisten mit echtem Schnee zunehmend seltener, sodass mit Kunstschnee nachgeholfen werden muss, der oftmals mithilfe von künstlich angelegten Wasserreservoirs gewonnen wird. Seitens der Bevölkerung wächst hinsichtlich der künstlichen Beschneiung Kritik aufgrund sinkender Grundwasserpegel. Die Seilbahnbetreiber dagegen verweisen darauf, dass nur Oberflächenwasser in der regenreichen Zeit in die Schneiteich geleitet werde, das nach der Schneeschmelze wiederum in den natürlichen Kreislauf zurückgelange. Im Skigebiet Nebelhorn befindet sich Deutschlands längste Skiabfahrt mit 7,5 Kilometern. Durch moderne Anlagen können etwa 65% der Pisten beschneit werden, sodass bis ins Tal Schneesicherheit und eine lange Saison gewährleistet wird.


Im Langlaufzentrum Ried sollen bis zur 2021 in Oberstdorf stattfindenen Nordischen Skiweltmeisterschaf Umbaumaßnahmen mit einer Nachhaltigkeitsstrategie erfolgen. Unter anderem wurde ein größerer Schneiteich mit 40.000 Kubikmeter Fassungsvermögen angelegt, sodass dessen Wasserstand auch in trockenen Zeiten für die Grund- und Nachbeschneiung der Anlage ausreichend hoch ist. Die Befüllung des Teichs erfolgt ausschließlich während der Regenzeit durch den nahe gelegenen Gebirgsbach Stillach. Ziel ist es, den Schneiteich gut in das Landschaftsbild zu integrieren. Nach den Bauarbeiten werden alle Bodenflächen des Areals naturnah wiederbegrünt.



















„Wir Menschen werden früher auf den Mars fliegen, als dass wir das Innere einer Gewitterwolke verstehen.”




In Süddeutschland nahe der Alpen treten vermehrt Hagelgewitter auf, die große Schäden verursachen können. Um die Bevölkerung und Landwirte zu schützen, wird das Wetter durch die Ausübung der Wolkenimpfung beeinflusst.
Schon seit den 50er Jahren fliegen Piloten mit Kleinflugzeugen in das Unwetter und injizieren den Wolken eine Silberjodid-Acetonlösung. Durch diese Behandlung werden mehrere Kondensationskeime in Umlauf gebracht, an denen sich Wasser festsetzt und Tropfen bildet. Folglich sollen viele kleine statt großer Hagelkörner entstehen,







die schließlich weniger Schaden verursachen oder sogar in Form von Regen auf die Erdoberfläche gelangen. Da Wolken jedoch unberechenbar sind und noch nicht geklärt werden kann, wie sich eine individuelle Wolke ohne Behandlung entwickelt hätte, bleibt es eine Herausforderung die Methode der Wolkenimpfung wissenschaftlich zu belegen.













„Die Evolution ist ausgesprochen konservativ. Hat sie einmal eine gute Idee hervorgebracht, dann weicht sie kaum mehr davon ab.“




Zahlreiche Wissenschaftler wenden die Prinzipien der Photosynthese auf unterschiedliche Weise an, um mit Sonnenlicht nützliche chemische Produkte zu gewinnen. Für die nachhaltige Herstellung von Wasserstoff, der fossile Brennstoffe zunehmend als klimaneutraler Energieträger ersetzen soll, dient eine photoelektrochemische Zelle, die wie ein künstliches Blatt funktioniert. Wie bei der Photosynthese in der Natur, wird Sonnenlicht absorbiert und dessen Energie zur







sogenannten Wasserelektrolyse genutzt. Dabei wird Wasser (H2O) in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) gespalten. Des Weiteren arbeiten Forscher daran, das klimaschädliche Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu entnehmen, und mit ähnlichen photoelektrochemischen Zellen in höherwertige Produkte umzuwandeln.



                                   

                                             

Nach der Einstellung zahlreicher Braunkohletagebauten in der Lausitz blieb eine unfruchtbare Mondlandschaft zurück. Um die betroffenen Flächen wieder in die umgebene Umwelt zu integrieren, werden naturnahe Lebensräume und Nutzflächen für die Landwirtschaft hergestellt. Am Tagebau Welzow wurde als Rekultivierungsmaßnahme ein Weinberg mit historischen Rebsorten angelegt. Andere Tagebaurestlöcher werden mit Wasser aus den umliegenden Flüssen geflutet und ein künstliches Seengebiet erschaffen.












Die Bearbeitung der Gewässer ist eine Generationenaufgabe. Über die nächsten 100 Jahre hinweg können die Seen nicht sich selbst überlassen werden.



Durch die Flutung von mehr als 30 ehemaligen Tagebaurestlöchern entsteht in der Lausitz Europas größte vom Menschen erschaffene Seenlandschaft. Einer der ersten Bergbaufolgeseen ist der zwischen 1967 und 1972 hergestellte Senftenberger See.
Wie bei den meisten Tagebauseen können die Folgen des Braunkohle abbaus anhand seiner Wasserchemie festgestellt werden, da diese vergleichbar mit sauren Vulkanseen oder Essig ist. Ursache sind die im Untergrund vorhandenen Minerale Eisen und Schwefel, die durch den Braunkohleabbau an die Oberfläche gefördert wurden. Dort reagieren sie mit Sauerstoff zu Schwefelsäure, die durch Anstieg des Grundwassers









und die Flutung der Restlöcher in das Wasser gespült wird. Folglich verfärbt sich das Wasser rot und der ph-Wert sinkt unter 2,8. Erst ab einem ph-Wert von 5 können sich Pflanzen und Fische im Wasser ansiedeln. Da die gestalteten Seen zudem auch das Grundwasser sowie die umliegenden Flüsse versauern, forschten mehrere Einrichtungen wirkungsvoll an Neutralisierungstechnologien. Über mehrere Monate hinweg werden den künstlich angelegten Seen seitdem täglich 150 Tonnen Branntkalk eingeleitet, wodurch der p-Wert wieder steigt.












Der mittlerweile fertiggestellte und für Menschen benutzbare Partwitzer See entstand zwischen 2004 und 2015 durch Flutung des ehemaligen Tagebaus Scado. Aufgrund seines türkisblauen Wassers ist der künstlich angelgte See ein besonderer Touristenmagnet. Der Farbeffekt lässt sich auf chemische Verbindungen zurückführen, die durch die Zugabe von Kalk entstehen. Durch die zunehmende Algenbildung wird auch der Partwitzer See allmählich eine herkömmliche Farbe annehmen.





















Der in einer letztlich nicht natürlichen Umgebung angelegte „Indoor Regenwald“ in dem tropischen Freizeitresort Tropical Islands zählt zu den größten der Welt.
Die freitragende Halle wurde ursprünglich als Luftschiffwerft errichtet, in der sich nun ein eigenes Biotop befindet, das auf natürliche Weise im Gleichgewicht gehalten wird. 600 verschiedene Pflanzenarten und ein Mangrovensumpf bieten Lebensraum für freilaufende Flamingos, Schildkröten, Fasane, Pfaue, Gekkos und auch Drachenfische sowie exotische Schmetterlingsarten. Für die Bodenauflockerung und Schädlingsbekämpfung der Pflanzen werden Gewächshausschaben und Käfer eingesetzt, die außerdem am Boden liegende Blätter zu Humus verarbeiten. Somit kann der von Menschen erschaffene Regenwald sich selbst überlassen werden.


































„Im Spitzensportbereich gibt es schon seit Jahrzehnten fast nur noch Kunstschnee.“



Für die Athleten des Wintersports wird Schnee unabhängig von der Jahreszeit früher als üblich benötigt. Gewährleistet wird dies durch die Methode Snowfarming, bei der Schnee vom Vorjahr übersommert. Die Chiemgau-Arena errichtetete hierfür ein Becken mit einem Volumen von 15000 Kubikmetern, das im vorherigen Winter bei Temperaturen unter fünf Grad Minus von Schneekanonen beschneit wird. Erfahrungsgemäß ist Kunstschnee aufgrund seiner Struktur robuster als Naturschnee,der angesichts der besonderen Wetterumstände schneller schmelzen würde. Für die Übersommerung wird









der Schnee mit Styropor und einer wasserresistenten Folie isoliert, wodurch das Schneedepor im Durchschnitt witterunsbedingt maximal 25% des Inhalts verliert. Ab November kann mit dem Kunstschnee eine zwei Kilometer lange Strecke für Trainingszwecke der Biathleten angelegt werden.












Einen besseren Einblick in die Organisation von Zellen und deren Beziehung zur Umwelt gewannen Forscher durch den erfolgreichen Bau synthetischer Minimalzellen mit einer genetischen Mindestausstattung, um lebensfähig zu bleiben. Diese reagieren auf Veränderungen in der Umgebung und lassen im Inneren biochemische Reaktionen zu.
Konstruiert wurde ein Kompartiment mit einer Membran, das im Inneren ein membranfreies Kompartiment enthält und sich durch Umwelteinflüsse zusammenfindet oder











wieder zerlegen kann. Beispielsweise können durch Veränderungen des pH-Wertes der Umgebung das Verhalten der aufeinandertreffenden Moleküle beeinflusst und chemische Reaktionen innerhalb der synthetischen Zellen an- und ausgeschaltet werden.
Zukünftig sollen komplexere synthetische Zellen gebaut werden, die biologisches Verhalten imitieren können.